Was OKRs so erfolgreich Macht
Objectives und Key Results (OKRs) entwickeln sich langsam aber sicher zum absoluten Trendthema. In vielen Unternehmen werden sie aktuell eingeführt und adaptiert. Aber was genau macht diese Methode so erfolgreich - oder liegt es schlicht daran, dass Google sie nutzt und damit erfolgreich ist?
Wir haben uns mit der Psychologie und der Wissenschaft hinter dem Modell auseinander gesetzt und können damit sagen: das sind die Fakten, die dein gefühltes Wissen zu dem Thema untermauern! Das sind die 8 Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches OKR System:
Eingebunden in Vision & Strategie
OKRs, die in Unternehmensvision eingebunden sind und von der Strategie abgeleitet werden, motivieren. Simon Sinek bringt es in dem Video “Start with why” auf den Punkt. Das Warum - also die Vision - entfaltet eine Sogkraft auf Menschen, die dazu inspiriert sich einer Bewegung anzuschließen und für ein Thema zu begeistern. Objectives zeigen den Weg auf und beantworten damit das ‘How’. Die Key Results zahlen auf den äußeren Kreis - das ‘What’ ein.
Sobald meine Ziele in einen größeren Kontext - die Vision - eingebunden sind - weiß ich, dass ich das Richtige tue, wenn ich mich für diese Ziele einsetze, da sie auf eine Vision einzahlen, an die ich glaube und die mich motiviert.
Gemeinsame Zielentwicklung
Bei der Entwicklung und Planung der OKRs ist eine sehr wichtige Komponente, dass die Ziele gemeinsam mit dem Team entwickelt werden. Das wiederum zahlt auf die Motivation eines jeden einzelnen Teammitglieds ein: Einer der größten Motivatoren bei Menschen ist die eigene Autonomie, welche Deci & Ryan in ihrer Selbstbestimmungstheorie beschreiben.
Daher ist es wichtig, dass alle Teammitglieder an den OKRs mitarbeiten, die sie selber betreffen. Hierbei kann die Führung das ‘Warum’ erklären und die OKRs in die Vision und Strategie einordnen. Das ‘Was’ und ‘Wie’ sollten die Verantwortlichen selber bestimmen. Das erhöht die Akzeptanz bei allen. Außerdem gibt es auch die nötige Flexibilität, um selber zu entscheiden wann und wie an den Zielen gearbeitet wird, was der Motivation einen weiteren Schub gibt.
Wichtig für das Erreichen von komplexen Zielen ist die Strategieentwicklung, um klar zu sein wie man die Ziele erreichen möchte. Hierbei kann es sinnvoll sein, gemeinsam Strategien zu entwickeln, da jeder unterschiedliche Ideen und Ressourcen hat, die er einbringen kann.
Kontinuierliche Kommunikation (weekly)
Bei komplexen Zielen ist es wichtig immer Feedback einzuholen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist und dem Ziel näher kommt. Daher ist ein wöchentliches Meeting, in dem der Status der Zielerreichung angeschaut wird und bei Hindernissen nach gemeinsamen Lösungen geforscht werden kann, ein wichtiger Baustein.
Darüber hinaus liefert diese kontinuierliche Kommunikation ihren Beitrag zum Teamgefühl - man arbeitet gemeinsam an einer Sache und zeigt sein Interesse dafür. Und das kontinuierliche Feedback motiviert.
Häkchen setzen, lernen, weitermachen (Review)
Jeder kennt das befriedigende Gefühle einen Haken hinter erledigte Aufgabe zu setzen. Das gibt uns ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und setzt Glückshormone im Gehirn frei. Im Review Meeting werden die Erfolge des laufenden Quartals gefeiert sowie die Gründe für Erfolge und Misserfolge bzw. Zielverfehlungen unter die Lupe genommen. So können die Learnings in die nächste Iteration mitgenommen werden und eine kontinuierliche Verbesserung des Teamworks und der Planung wird ermöglicht. Dadurch wird außerdem das Growth Mindset im Team gefördert, was das Team wiederum erfolgreicher macht.
Kontinuierliche Prozessverbesserung (Retro)
Mit der Review wird inhaltlich auf die kontinuierliche Verbesserung geschaut. Die Retrospektive ergänzt dieses Format um die kontinuierliche Verbesserung des Prozesses, der Strukturen und der Zusammenarbeit. Im Team wird gemeinsam darauf geschaut, was gut lief, wo es Verbesserungspotentiale gibt und welche ggf. strukturellen Änderungen vorgenommen werden sollten, um die Potentiale zu entfalten. Die Retrospektiven sollten regelmäßig alle 2 Wochen oder auch nur einmal im Quartal durchgeführt werden. Je nachdem wie häufig man sie durchführt, sollte mehr bzw. weniger Zeit eingeplant werden. Sie schafft auch Raum dafür, Konflikte, die im Team schwelen, offen anzusprechen und in lösungsorientierte Bahnen zu lenken.
Diese Reflexion durch die Retrospektiven sorgt dafür, dass die Organisation sich immer weiterentwickelt und flexibel auf Veränderungen reagieren kann.
Ambitioniert und Erreichbar
Objectives und auch Key Results können und sollten ambitioniert sein. Ziele beeinflussen das Leistungshandeln positiv, weil sie die Aufmerksamkeit auf handlungsrelevante Informationen lenken und Anstrengungen und Ausdauer regulieren. Schwierige , herausfordernde, aber erreichbare Ziele führen zu besseren Leistungen als mittlere oder leicht zu erreichende Ziele. Herausfordernde & präzise, spezifische - s.m.a.r.t.e. - Ziele garantieren bessere Leistungen als allgemeine, vage Ziele wie z.B. Forderung das Beste zu geben.
Locke & Latham unterscheiden in ihrer Zielsetzungstheorie zwischen der Zielerreichungsschwierigkeit und der Aufgabenschwierigkeit. Wenn ich eine leichte Aufgabe in innerhalb kürzester Zeit lösen muss, habe ich eine niedrige Aufgabenschwierigkeit und eine hohe Zielerreichungsschwierigkeit. Das wiederum führt zu einer niedrigen Zielbindung - ich habe keine Ambitionen mehr das Ziel zu erreichen - und meine Motivation lässt nach.
Aus welchen Gründen die 70% - Regelung bei Google, der wir immer wieder begegnen, weiterhin Anwendung findet, ist unklar. Sie macht einfach keinen Sinn.
Für die Formulierung von den Key Results empfiehlt sich die alte gute SMART Formel. Des Weiteren sollten die Ziele positiv formuliert sein und Verneinungen vermieden werden. Und ganz wichtig - die Zielerreichung muss im eigenen Einflussbereich sein.
Insbesondere im Vertrieb ist das immer wieder ein Problem, da gerne Ziele wie “20 Neukunden gewinnen” gesetzt werden. Besser ist an dieser Stelle, Ziele für die eigenen Handlungen zu setzen - z.B. “50 Unternehmen anrufen”. Eine Lösung an dieser Stelle können auch Lernziele sein: ‘Ich finde den effizientesten Weg, um 20 Neukunden zu gewinnen.’ So können Kompetenzen aufgebaut, Experimente erlaubt und Innovationen geschaffen werden. Mit der entsprechenden Kompetenz können dann auch wieder Leistungsziele gesetzt werden.
Öffentlicher Druck -> Transparenz für alle
Wir sind motivierter ein Ziel zu erreichen, wenn wir es öffentlich kundtun. Dieses Phänomen wird schon lange in der Psychologie genutzt. Das Öffentlichmachen der Ziele sorgt dafür, dass wir eine Rechenschaftspflicht den anderen gegenüber empfinden, diese uns sozial unterstützen können und genau sehen, ob wir die Ziele verfehlen. Da wir als Menschen von den Verbindung und Zustimmung anderer abhängig sind und weil unser Ziel-Selbst ein zentraler Bestandteil unseres Selbstkonzeptes ist, werden wir uns mehr anstrengen das Ziel zu erreichen, wenn wir es vorher öffentlich gemacht haben. Daher ist es sehr sinnvoll die OKRs für alle sichtbar zu machen. Welches Tool ihr dafür nutzt, spielt im ersten Schritt keine Rolle - Hauptsache sie verschwinden nicht in der digitalen Schublade.
Unabhängig von Boni
Zielerreichung darf nie an Belohnung gekoppelt sein. Eine solche Kopplung zerstört die Motivation und fördert unethisches Verhalten. Eine Fehlerkultur wird torpediert und Innovationen können nicht mehr entstehen. Warum das so ist, zeigt das kurze und anschauliche Video über die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Daniel Pink.
Selbstwirksamkeit
Es gibt noch einige andere Dinge, die ihr aus psychologischer Sicht bei euren OKRs beachten solltet.
Leute müssen die Kompetenz haben und die Menschen, die die Ziele umsetzen sollen eine hohe Selbstwirksamkeit haben: Sie müssen daran glauben, dass sie die Ziele umsetzen können. Hierbei spielen die logische Sequenz nach Heckhausen und das Rubikon Modell eine wichtige Rolle. Nur wenn ich selbst daran glaube, dass ich das Ziel beeinflussen und auch erreichen kann, lege ich los.
What else?
Bei der Entwicklung der OKRs sollte das Tagesgeschäft und auch der Wunsch nach Innovationen nicht in Vergessenheit geraten. Die OKRs sollten das Tagesgeschäft inkludieren - oder eben vom zeitlichen Volumen her nur so viele “Projekte” einplanen, dass sie nicht zu einer Doppelbelastung werden.
Innovationen brauchen Zeit, die nicht eng und fokussiert verplant ist. Da kommen wir dann doch wieder auf die 20% von Google zurück: Freitags frei für was man halt so machen möchte.
Und natürlich sollten Zielkonflikte vermieden werden, die einerseits entstehen können, wenn zwei Ziele / Key Results aufeinander aufbauen und abhängig voneinander sind. Andererseits sind damit Ziele gemeint, die einander widersprechen. Wird allerdings die Zielentwicklung im Team vorgenommen und unternehmensübergreifend koordiniert, stimmen sich die verschiedenen Teams in der Regel ausreichend miteinander ab, so dass das durch den Prozess vermieden wird. Und sollte das doch einmal anders sein, regelt sich das über den Review und die Retro.
Wenn ihr diese Eckpfeiler bei der Einführung und Umsetzung von OKRs berücksichtigt, könnt ihr bestimmt von den Vorteilen der OKRs profitieren