Die Führungsrollen der Selbstorganisation
In einem Unternehmen, das kollektiv geführt wird, gibt es keine klassischen Führungskräfte mehr. Führung wird anders - neu - gedacht. Grundsätzlich begegnen mir viele Organisationen, die zwar irgendwie formale Führungskräfte haben, aber gleichzeitig ein Machtvakuum bzw. Führungsvakuum entstehen lassen. Viele heutige Führungskräfte wüschen sich von vornerein, dass das Team möglichst viele Entscheidungen selbst trifft und eigenständig arbeitet. Es werden relativ hohe Ansprüche bzw. Erwartungen an die Mitarbeitenden gerichtet. Gleichzeitig werden diese Erwartungen häufig nicht explizit ausgesprochen und noch dazu fehlt der formale Rahmen, der die Erfüllung der Erwartungen ermöglichen würde.
Ein Beispiel: Ich erwarte von meinem Mitarbeitenden sich darum zu kümmern, eine neue, umweltfreundlichere Verpackung für unser Produkt zu beschaffen. Gleichzeitig gebe ich keine Anhaltspunkte dazu, welche Kriterien das neue Material sowie die Lieferanten, Transportwege und der Preis erfüllen sollen. Die Entscheidung wird schließlich nicht meinen Anforderungen entsprechen, oder nicht getroffen werden.
Um Führung gut ausfüllen zu können, bedarf es einem Überblick dazu, welche Anforderungen an Führung gestellt sind und welche Verantwortlichkeiten Führung übernehmen muss. Das Ziel von Führung sind schließlich wirksame, motivierte Mitarbeitende, die sich sicher fühlen und entscheidungsfreudig sind.
Einerseits gehen wir davon aus, dass eine Organisation, die erfolgreich selbstorganisiert arbeitet, die Design Prinzipien auf allen Ebenen umsetzt. D.h., dass Führung auf die Umsetzung der Design Prinzipien einzahlt. Andererseits spielt sich Führung auch viel im zwischenmenschlichen Bereich auf. Dafür haben wir die verschiedenen Führungsrollen entwickelt.
Gerade im Transformationsprozess - oder grundsätzlich im Reflexionsprozess - geben die Rollen eine gute Anleitung / Ideen dazu, in welche Richtung man sich als Führungskraft entwickeln möchte.
Wir stellen euch die verschiedenen Führungsrollen kurz vor.
Barista
Der oder die Barista erzählt Geschichten im Team vom Team und schafft damit Verbindungen. Sie (die Rolle) fördert den informellen Austausch, pflegt gemeinsame Rituale und stärkt die Beziehungen im Team. Sie zahlt damit auf das Prinzip der Sinnhaftikgeit (gemeinsame Identität) ein.
Coach
Sie fördert die persönliche Weiterentwicklung durch Anregungen zur Selbstreflexion. Sie ist Ansprechpartner:in bei Unstimmigkeiten und Vertrauensperson bei Unzufriedenheiten.
Mediator:in
Im Konfliktfall ist die Mediator:in die erste Wahl. Sie wird angesprochen, um eine Klärung in den Konflikt zu bringen und agiert dabei allparteilich als Prozessbegleitung.
Modulor
Sie wacht über die Prozesse im Team. Sie behält den Überblick darüber, ob die Prozesse alles abbilden, was im Team gebraucht wird, um produktiv und störungsfrei zusammenzuarbeiten, Konflikte anzusprechen und sich in der eigenen Struktur stetig zu reflektieren und weiterzuentwickeln.
Stratege
Der / die Strateg:in behält den Überblick. Sie schaut auf Teamebene, ob der Purpose mit den aktuell gesetzten Zielen erfüllt wird und das Team strategisch gut aufgestellt ist. Sie bringt strategische Chancen und Herausforderungen auf die Agenda.
Werte-Wächter:in
Sie sorgt dafür, dass die Werte nicht nur eine schöne Liste sind, sondern im Täglichen umgesetzt sowie Verstöße korrigiert werden.
Repräsentanz
Sie vertritt das Team nach Außen - gegenüber Stakeholdern, anderen Kreisen und sonstigen Externen.
Klar-Lotse
Sie sorgt dafür, dass die Transparenz im Team gewährleistet ist. Ist jedem klar, wer woran arbeitet, wo Stärken und Schwächen des Teams und einzelner liegen? Schließlich geht es um die Frage ob die Ziele und der Purpose des Kreises erreicht bzw. umgesetzt werden.
Feedback-Guide
Sie hat ein Auge darauf, ob jede:r im Team das notwendige Feedback, zeitnah und konstruktiv / wertschätzend, bekommt. Wenn nötig, unterstützt sie den Kompetenz- oder Strukturaufbau.
Ökonom
Diese Rolle behält die Finanzen im Blick. Sie beschäftigt sich mit den Fragen: Werden Budgets eingehalten? Können wir unsere Ziele / den Purpose mit dem vorhandenen Budget realisieren?
Innovator:in
Sie behält den Blick für die Innovation: Werden neue Methoden ausprobiert, wird iteriert, wird das Produkt usw. weiterentwickelt? Gibt es Möglichkeiten dafür, Ideen im Team einzubringen und weiterzuentwickeln?
Expert:in
Diese Rolle steht allen Rollen zur Verfügung, die eine:n fachlichen Ansprechpartner:in brauchen. Sie stellt sicher, dass es einen Prozess dazu gibt, wie qualitativ hochwertig gearbeitet und gleichzeitig ein größtmöglicher, individueller Entscheidungsspielraum gewährleistet wird.
Die verschiedenen Rollen geben einen Anhaltspunkt dazu, in welchen Bereichen Führung gebraucht wird und ermöglichen es, die Führung im Team zu verteilen. Jede Person kann eine Rolle innehalten und die (ursprüngliche) Führungskraft kann ihren Fokus auf die Rollen legen, die ihr tatsächlich liegen.